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Die Künstler der Schlossausstattung
Hier erhalten Sie Informationen über die Künstler und Macher der Ausstattung und Gestaltung in Schloss Ratibor.
Conradin Walther (1846-1910)
Conradin Walther hatte die künstlerische Gesamtleitung des Projekts inne. Von seiner Hand stammen die Entwürfe für die Ausstattung des Speisesaals, wo sich auf der Mitteltür der großen Anrichte sein Monogramm “CW“ findet. Der Prunksaal geht ebenfalls auf Walther zurück, wie eine Inschrift auf der seitlichen Wange des großen Kamins vermerkt. Für die übrigen Räume lieferte er zumindest die Rahmenplanung, die Details wurden von anderen entworfen und ausgeführt.
Conradin Walther war Professor für Architektur an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Nürnberg und gehörte zu den Hauptvertretern des sogenannten “Nürnberger Stils“, einer architektonischen Bewegung, die sich in erster Linie mit der Stadtbildpflege Nürnbergs am Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigte. Die Vertreter dieser in Nürnberg einflußreichen Schule waren bestrebt, das überkommene spätmittelalterliche Stadtbild Nürnbergs zu erhalten und bei Neubauprojekten ein einheitliches Erscheinungsbild zu bewahren. Leitmotiv all dieser Bestrebungen war das Nürnberg der Dürer-Zeit, die Zeit der beginnenden Renaissance.
In diese Epoche fiel auch der Bau von Schloss Ratibor, so dass für die Absicht Stiebers, mit der Ausstattung auch an den Geist der Bauzeit zu erinnern, die Wahl eines Vertreters des “Nürnberger Stils“ als künstlerischem Kopf nur folgerichtig war.
Wanderer und einige Nürnberger Künstlerkollegen wie Friedrich Wanderer und Georg Kellner boten dem Auftraggeber die Gewähr, sein Schloss zumindest partiell in einen Zustand zurückzuverwandeln, wie er im 16. Jahrhundert hätte sein können. Doch lag es keineswegs in der Absicht Wilhelm von Stiebers, eine Rekonstruktion des Schlosses in Angriff zu nehmen, sondern die verschiedenen Räume sollten über die Remineszenzen an die Markgrafenzeit hinaus in erster Linie repräsentativen Zwecken dienen.
Für die großen Repräsentationsräume, vor allem dem Prunksaal, war deshalb der Rückgriff auf die barocke Formensprache naheliegend und mit Rudolph von Seitz und Ferdinand Wagner d. J. aus der führenden Münchner Schule der Historien- und Theatermalerei fanden sich zwei Künstler, die diesen Ansprüchen voll gerecht werden konnten.
Rudolph von Seitz (1847-1910)
Rudolph von Seitz gehörte zu den führenden Ausstattungskünstlern der Gründerzeit in München. Mit dem Architekten Gabriel von Seidl betrieb er die Firma Seitz & Seidl, die sehr erfolgreich Ausstattungsstücke wie Möbel, Leuchter und ähnliches entwarf, aber auch ganze Raumausstattungen lieferte.
Im Schloss Ratibor zeichnet er für die gemalten Gobelins im Prunksaal mit Szenen aus Homers Odyssee verantwortlich sowie, ebenfalls in diesem Saal, für die Wandmalereien in den Fensterlaibungen mit ihren Grotesken und Emblemen.
Es war aber vor allem der andere schon erwähnte Münchner Maler, Ferdinand Wagner d. J., der als zweite Künstlerpersönlichkeit neben Conradin Walther das Erscheinungsbild von Schloss Ratibor bis heute maßgeblich prägt.
Ferdinand Wagner d. J. (1847-1927)
Nach einer kurzen Zeit an der Münchner Akademie zwangen ihn wirtschaftliche Gründe in eine Ausbildung bei den Münchner Hoftheatermalern Simon und Angelo Quaglio. Die Arbeit an den großformatigen Bühnenkulissen, die hier entstanden, sollte die Malerei Ferdinand Wagners in der Folgezeit prägen.
Schon sein erster großer Auftrag sollte dies demonstrieren. In München malte er eine Weinstube mit einer Persiflage auf die Tannhäusersage aus. Nun häuften sich die Aufträge für großflächige Dekorationsmalereien, mit einem deutlichen Schwergewicht auf mehr oder weniger ernsten historischen Szenen in Gaststätten, so im Hofbräuhaus und im Ratskeller in München. Sein Ruf als Spezialist drang aber bald über Bayern und Deutschland hinaus, er lieferte Gemälde und Entwürfe für das deutsche Restaurant Tivoli in London und sogar der Konzertsaal des deutschen Liederkranzes in New York erhielt eine Reihe Bilder mit Bezug auf das deutsche Liedgut aus seinen stetig wachsenden Atelier. Der deutsche Lloyd bestellte 83 Gemälde für die noblen Salons des Überseedampfers Fürst Bismarck.
Wie er mit Wilhelm von Stieber in Kontakt kam wissen wir nicht, doch schien Wagner genau das zu repräsentieren, was der erfolgreicher Rother Industrielle für sein Schloss suchte, einen Maler mit der Fähigkeit, große Flächen mit erzählerischen, nicht in ernstem Pathos erstarrenden Werken auszustaffieren. Über zwanzig Jahre arbeitet Wagner regelmäßig für die Familie Stieber.
Wilhelm von Stieber wird nicht zu Unrecht ein parvenuehaftes Wesen nachgesagt und Ferdinand Wagner, der sich zeitweise mit einem nie verliehenen Professorentitel schmückte, ausschweifende Feste inszenierte und überhaupt die große Geste liebte, war als aufgestiegener Künstlerfürst dem Rother Industriebaron sicher wesensverwandt.
Wagner lieferte, was zur Dekoration eines großbürgerlichen Lebenstils für notwendig erachtet wurde. Die großzügigen Räume im Schloss waren wie geschaffen für seine riesigen Ölgemälde in venzianischer oder niederländischer Manier. Selbst als Architekt wurde er in Roth tätig, er entwarf eine Brücke zum Schlosspark auf der anderen Seite des sogenannten Werkkanals wo sich auch die neuen Produktionsanlagen der leonischen Fabrik befanden und heute noch befinden. Für die Gemäldesammlung Wilhelm von Stiebers konzipierte er einen Galerieraum im Nordwesten des Schlosses in der Verlängerung des Marstalles, der vom Prunksaal aus zu erreichen ist, also dort wo einmal die Räume des Gerichtsdieners waren.
Noch nach dem Tod des Schlossherren (1915) blieb Wagner für die Familie tätig und plante das Stiebersche Mausoleum in Form eines Monopteros inmitten des Schlossparks.