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Hutnadeln
Praktisches Accessoire und gelegentliches Mordinstrument
Als zum Ende des 1880er Jahre die übermäßige Betonung des Hinterteils, der sogenannte „cul de Paris“, aus der Damenmode verschwand und die Kleider enger und die Silhouette schmaler wurde, kamen zum optischen Ausgleich die übergroßen Hüte auf.
Mit dem Erscheinen dieser teilweise wagenradgroßen Kopfbedeckungen stellte sich die Frage nach der windsicheren Befestigung auf der Frisur. Die Lösung war ein neues Accessoire, die Hutnadel, die durch den Hut und Frisur gesteckt wurde und so die Kopfbedeckung fixierte. Das Nadelende diente gleichzeitig als Schmuck und wurde in den unterschiedlichsten Ausführungen gefertigt.
So wie die Launen der Mode die Rocklänge oder die Krawattenbreite ständig variiert, wurde auch die Hutnadel mal länger oder kürzer. Vor allem die sehr langen Exemplare (bis zu 35 cm) erregten immer wieder Kritik. So meldete 1914 das Neuköllner Tageblatt: „Sie [die lange Hutnadel] war die Ursache einer Reihe polizeilicher Verfügungen, die bemüht waren, ihnen den Garaus zu machen. Zu ihren erbitterten Feinden gehörten auch die Ärzte, die nicht müde wurden, den Verlust des Augenlichtes und entstellende Verletzungen, die auf das Konto der Hutnadeln zu setzen waren, als schreckliche Teufel an die Wand zu malen.“
So verwundert es auch nicht, dass Hutnadeln zu einem beliebten Mordwerkzeug in der Kriminalliteratur, aber auch im richtigen Leben wurden. Mit am bekanntesten ist sicher der Mord an Cora Lanscenet, die durch die Rückenlehne eines Stuhls mit einer Hutnadel erstochen wurde, aus der Agatha-Christi-Verfilmung „Der Wachsblumenstrauß“.