Stadt Roth (Druckversion)

Symbol der Rother Industriegeschichte

Vermutlich vom Ende des 19. Jahrhunderts stammt dieses kleine Kästchen mit Mustern verschiedener leonischer Produkte.

Der Begriff "leonische Waren" bezeichnet vergoldete und versilberte feine Drähte, daraus hergestellte Zwischenprodukte wie Gespinste (mit geplättetem Draht umsponnene Textilfäden) und Gewebe sowie Fertigwaren, wie Tressen, Borten, Spitzen, Posamente etc.. Ausgehend von Nürnberg, wohin der französische Glaubensflüchtling Anthonius Fournier aus Lyon den nach seiner Heimatstadt benannten leonischen Drahtzug brachte, verbreitete sich dieses Handwerk im mittelfränkischen Raum.

Das Objekt stammt vermutlich aus der Stieberschen leonischen Drahtfabrik, der Firma mit der längsten Geschichte in Roth. 1747 übernahm der Rother Kaufmann Kaspar Stieber eine heruntergewirtschaftete Drahtmanufaktur unter der Bedingung verschiedener landesherrlicher Privilegien. Er erhielt eine zehnjährige Steuerbefreiung, eine befristete Zuteilung von fünf Klafter Brennholz jährlich, die Befreiung von den bürgerlichen Lasten und den Titel eines Fabrikverwalters in der Rangstellung direkt hinter den Bürgermeistern. In der Folgezeit wurden diese Vergünstigungen immer wieder erneuert. Markgräfliche Privilegien gepaart mit unternehmerischem Geschick ließen die Stiebersche Manufaktur auch die wirtschaftlichen Einbrüche der 60'er und 80'er Jahre des 18. Jh. überstehen. Neugewonnene Absatzmärkte im Mittelmeerraum und im Orient verschafften dem Betrieb eine solide Grundlage.

Unter Wilhelm von Stieber prosperierten die Geschäfte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

In dem aufklappbaren Kästchen werden verschiedene Produkte wie Drähte, Lametta, Pailetten und Boullonfäden präsentiert. Die handschriftlichen Bezeichnungen sind in englischer Sprache abgefasst, sodass naheliegt, dass unser Musterkästchen einem Auslandsvertreter auf seiner Verkaufstour diente. Der Schreiber tat sich noch schwer mit den lateinischen Buchstaben des Englischen und vermischte diese gelegentlich mit der damals in Deutschland üblichen Sütterlinschrift.

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